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Auswirkung stark steigender Edelmetallpreise

2001 lagen die Tiefstpreise bei Silber von fast 25.000 %.

Ökonomische Auswirkungen

Adam Smith meinte einst: „Wenn die Menge an Gold und Silber, die in ein Land importiert wird, die tatsächliche Nachfrage übersteigt, kann keine noch so wachsame Regierung ihren Export verhindern.“[1] Er spielte damit darauf an, dass Portugiesen und Spanier im 16. und 17. Jahrhundert zwar große Edelmetallmengen von Amerika nach Europa brachten, diese aber z.B. gegen Gewürze und Seide u.a. aus China und Indien eintauschten. Der Durst nach exotischen Waren aus Fernost führte dazu, dass die iberische Halbinsel, die eigentlich die reichste Region der Welt hätte sein müssen, verarmte. Es wäre sicherlich kein Fehler, sich daran im 21. Jahrhundert zurückzuerinnern.

Nach Ansicht des Börsengurus André Kostolany sind Anlagen in Gold aber totes Kapital.[2] Er begründet dies damit, dass der Wirtschaft dadurch Liquidität entzogen würde und weniger Kapital für Investitionen zur Verfügung stünde. Dies trifft jedoch nicht zu. Zwar muss der Käufer von bereits gefördertem Gold oder Silber dafür einen bestimmten Betrag zahlen, diesen erhält aber der Verkäufer, der damit Konsum- oder Investitionsgüter kaufen kann. Das Geld bleibt somit im Wirtschaftskreislauf, die Anlage in Edelmetalle entzieht der Wirtschaft also kein Kapital. Käufer von Edelmetallen erhöhen vielmehr faktisch die Sparquote, wodurch letztlich Investitionen finanziert werden (in China liegt die Sparquote beispielsweise bei 35 %).

Ökonomisch relevant ist ein anderer Aspekt: Durch steigende Edelmetallpreise verändern sich die relativen Preise. Einige Ökonomen ziehen hieraus den Schluss, dass dadurch die Produktionsstruktur verzerrt und ein ineffizienter Einsatz von Produktionsfaktoren hervorgerufen wird, da zur Steigerung der Edelmetallförderung zu viel Arbeit und Kapital in den Bergbausektor gelenkt werde und damit in anderen, vermeintlich produktiveren Wirtschaftsbereichen in geringerem Umfang zur Verfügung stehe. Die Argumentation wäre berechtigt, falls die Edelmetallpreise dauerhaft – etwa durch Preismanipulationen oder eine spekulative Blasenbildung – auf einem gesamtwirtschaftlich suboptimal hohen Niveau verharren würden. Dies dürfte aber bestenfalls vorübergehend einmal der Fall sein, denn fundamental ungerechtfertigt hohe Preise bleiben meist nur zeitweise auf diesen Niveaus. Übersehen wird meist die Ursache für die Preissteigerung, etwa die fundamentale Schwäche des Finanz- und Währungssystems.

Edelmetallpreise bilden sich auf Märkten. Wie effizient diese im Edelmetallbereich sind, sei einmal dahingestellt, aber sie allein entscheiden über die Höhe der Edelmetallpreise (und die Märkte haben bekanntlich immer Recht). Hier werden Edelmetallangebot und Edelmetallnachfrage zum Ausgleich gebracht: Angebotsseitig werden die zur Neige gehenden wirtschaftlich abbaufähigen Vorkommen steigende Förderkosten hervorrufen, Verwerfungen des Finanzsystems, Währungsturbulenzen, Verschuldung und Inflation werden zu einer steigenden Investitionsnachfrage führen, Einkommenssteigerungen und die Herausbildung einer starken Mittelschicht in den Schwellenländern zu einer steigenden Schmucknachfrage und neue Anwendungsmöglichkeiten sowie die Industrialisierung der Schwellenländer zu einer steigenden Industrienachfrage (vor allem nach Silber).

Die Zusammenhänge hinsichtlich der aggregierten Angebots-, Nachfrage- und Preiseffekte sind vor dem Hintergrund, dass Edelmetallpreisnotierungen global erfolgen und es mehrere unterschiedliche Angebots- und Nachfragesegmente gibt, sehr komplex und mit Marktmodellen kaum noch nachzubilden. Dennoch stehen auch stark steigende Edelmetallpreise im Einklang mit Effizienzkriterien und der ökonomischen Theorie. Auf längere Sicht dürften steigende Preise allerdings dazu führen, dass sich einige preistreibende Faktoren abschwächen, während entgegengesetzt wirkende Faktoren, auf die nachfolgend eingegangen wird, an Bedeutung gewinnen.

Substitutionseffekte bei Gold und Silber

Substitutionseffekte lassen sich – zumindest prinzipiell – mit Hilfe von Zwei-Güter-Modellen abbilden. Demnach wird die Substitution zwischen zwei Gütern durch eine technisch bedingte Substitutionsbeziehung und durch deren Preisverhältnis bestimmt. Steigt z.B. der Silberpreis stärker als der Preis eines Metalls, das als technische Alternative infrage kommt, kann der Silberverbrauch für diese Anwendung zumindest zum Teil substituiert werden. Aufgrund von Produkt­innovationen wurden Anwendungsbereiche, die von einem hohen Silberverbrauch gekennzeichnet waren, bereits des Öfteren verdrängt. Die Geschichte des Silbers war mitunter auch eine Substitutions-Story.[3] Die folgenden Beispiele verdeutlichen dies:

  • Silber wurde in verschiedenen Anwendungen (z.B. im Bereich Haushaltswaren) durch korrosionsbeständigeren Edelstahl ersetzt,
  • dentales Amalgam wurde aufgrund seiner gesundheitsschädlichen Wirkungen durch andere Materialien verdrängt,
  • die analoge Fotografie, die große Silbermengen erforderte, wird zunehmend durch die Digitalfotografie substituiert.

Diese Prozesse waren jedoch meist weniger preisinduziert als technologisch bedingt. Sofern die technologische Beziehung von einer geringen Substitutionselastizität geprägt ist, lösen selbst drastische Preisveränderungen keine Substitution aus. Zwar können steigende Preise verstärkte Anstrengungen auslösen, diese technologischen Voraussetzungen zu schaffen, allerdings würde dies Innovationsprozesse erfordern, die mitunter langwieriger Natur sind und deren Ausgang häufig ungewiss ist, zudem wären sie mit Kosten für Forschung und Entwicklung verbunden. In der Regel dürften sich Substitutionseffekte auf diesem Wege aber, sofern überhaupt nach Substitutionsmöglichkeiten gesucht wird, erst auf längere Sicht entfalten.

Es gilt zu bedenken, dass (1) Edelmetalle in den meisten industriellen Anwendungsbereichen nur in so geringen Mengen pro Produktionseinheit benötigt werden, dass die Preise kaum ins Gewicht fallen, (2) es in vielen industriellen Anwendungsgebieten keine qualitativ hinreichenden Alternativen gibt, da sie aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften gar nicht ersetzt werden können, und (3) falls es doch Alternativen geben sollte, während eines aufwärtsgerichteten Rohstoff- und Edelmetallzyklus auch die Preise anderer Industriemetalle steigen, sodass es ökonomisch nicht sinnvoll wäre, darauf zurückzugreifen bzw. verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um die Einsatzmöglichkeiten dieser Alternativmetalle weiterzuentwickeln.

Auswirkung auf das Recycling von Gold und Silber

Künftige industrielle Anwendungen mit hohem Edelmetallbedarf werden vor allem dann große Auswirkungen auf die Preise haben, wenn die verbrauchten Edelmetalle nur in begrenztem Umfang oder gar nicht recycelt werden können. Zu bedenken ist dabei der schon in Bezug auf Substitu­tionseffekte hervorgehobene Aspekt, dass Edelmetalle häufig nur einen marginalen Kostenfaktor darstellen. Zudem ist zu unterscheiden, ob es zu einer Rückgewinnung von zuvor verbrauchten Edelmetallen kommt, die also nicht zu einer Erhöhung der Bestände geführt hatten – es sei denn, dass z.B. ein Auto, das etwa eine Unze Silber enthält, zu den Silberbeständen gezählt wird –, oder ob Bestände etwa in Form von Schmuck, Barren oder Münzen eingeschmolzen und dadurch zuvor akkumulierte Edelmetallbestände abgebaut werden. Letzteres zählt eigentlich nur definitorisch zum Recycling und stellt damit eine Angebotserhöhung dar, es handelt sich faktisch aber eigentlich um eine Substitution von bestehenden Beständen zugunsten einer industriellen oder sonstigen Nutzung.

Über den Preismechanismus wird somit vom Markt dafür gesorgt, dass die Nachfrage bei Bedarf durch den Abbau von Beständen bedient wird. Eine solche Situation könnte z.B. eintreten, wenn wir uns am oberen Wendepunkt des Preiszyklus befinden. Sollten die Marktteilnehmer dann mehrheitlich sinkende Preise erwarten und zum Abbau ihrer Bestände bereit sein, würde das die Nachfrage und den Preisauftrieb dämpfen. Zusammen mit einem Anstieg der Primär- und Sekundärproduktion durch Minen könnte das den Übergang in einen abwärts gerichteten Preiszyklus einläuten.

Ein Abbau physischer Bestände durch Einschmelzung von Schmuck, Münzen oder Gold- bzw. Silberwaren ist nicht sinnvoll, da hierfür auf dem Markt ein Aufpreis auf den Materialwert erzielbar ist. Eine Einschmelzung, die ggf. sogar mit einem Abschlag auf den Materialwert für die Einschmelzungskosten versehen sein kann, wäre daher irrational. Die Einschmelzung von Altbeständen kommt somit – ein rationales Verhalten vorausgesetzt – bestenfalls in extremen Marktsituationen in Betracht, wenn beispielsweise ein regulärer Handel etwa aufgrund von extrem gestiegenen und stark schwankenden Preisen kaum noch gegeben wäre.

Auch und gerade in einer solchen Situation sollte aber bedacht werden, was das Papiergeld, das dann gegen Edelmetalle eingetauscht würde, noch wert ist, da die Edelmetallpreise zuvor ja nicht grundlos gestiegen waren. Mit physischem Gold oder Silber ist man für jede denkbare Wirtschaftskrise gewappnet, egal ob Inflation, Hyperinflation, Rezession oder Depression. Während eine Währungsreform Papiergeld sowie Renten, Lebensversicherungen und Sparguthaben weitgehend entwerten würde, behielten Edelmetalle einen realen Wert und würden weltweit als Zahlungsmittel akzeptiert.

Exploration sowie Produktionsaufnahme neuer Minen

Neben dem Abbau überirdischer Bestände und der Wiedergewinnung bereits verbrauchter Edelmetalle (Recycling) gibt es noch eine weitere Möglichkeit, das Edelmetallangebot zu erhöhen, nämlich durch den verstärkten Abbau unterirdischer Ressourcen. Um die Edelmetallförderung zu erhöhen, besteht zum einen die Möglichkeit, den Abbau in bereits in Betrieb befindlichen Minen zu erhöhen, zum anderen könnten neue Minen gebaut werden, um weitere Vorkommen zu erschließen und abzubauen. Eine Erhöhung der Produktion in bestehenden Minen ist kurzfristig in engen Grenzen zwar möglich, Produktionssteigerungen reduzieren dann aber die Minenrestlaufzeit. Auch wenn durch neue Bohrungen oder Ausweitungen der Reale die Ressourcenschätzungen einer Mine regelmäßig – meist nach oben – angepasst werden, sind die Vorkommen früher oder später erschöpft.

Es stellt sich also die Frage, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen der Bau neuer Minen infrage kommt. Dabei gilt es zunächst festzuhalten, dass die hoch mineralisierten und kostengünstig abbaubaren Vorkommen bereits weitgehend entdeckt und zum Teil auch erschlossen und abgebaut sind. Aufgrund der Verfügbarkeit über moderne Explorationsverfahren und der speziell bei Silber überwiegend oberflächennahen Vorkommen sind überraschende Neufunde eher unwahrscheinlich oder meist nur sehr geringfügig mineralisiert. Neue Minen verursachen daher deutlich höhere Kosten.

Hinzu kommt, dass die Investitionskosten in den vergangenen Jahren immens gestiegen sind. Der Neubau von Minen nimmt lange Zeiträume von sieben oder mehr Jahren in Anspruch und ist mitunter mit Kosten in Milliardenhöhe verbunden. Diese müssen über Jahre vorfinanziert werden. Je geringer der Mineralisierungsgrad des Vorkommens ist, umso höher werden nicht nur die Cash-Kosten, sondern auch die Fixkosten je Unze, da die Kosten für den Bau der Mine auf entsprechend weniger Unzen umgelegt werden müssen. Die Rentabilitätsberechnungen derartiger Bergbauprojekte basieren dabei auf Annahmen. Treffen diese nicht wie gemutmaßt ein, scheitern geplante Projekte, was für den Großteil der Vorhaben auch tatsächlich der Fall ist. Zwar ist zu erwarten, dass bei stark steigenden Edelmetallpreisen künftig auch beim Auffinden vergleichsweise niedrig mineralisierter Edelmetallvorkommen neue Minen rentabel werden können. Angesichts des langen Zeitraums, der zwischen ersten Probebohrungen und dem Beginn der Förderung überbrückt werden muss, ist dann aber die Nachhaltigkeit der vermuteten Entwicklung der Edelmetallpreise und der kalkulierten Durchschnittskosten entscheidend.

Ausblick für Gold und Silber

Viele können sich kaum nicht vorstellen, dass Preisbewegungen, wie sie hier z.B. für den Silberpreis projiziert werden, überhaupt möglich sind, auch wenn die Finanzmarktgeschichte für ähnlich oder sogar größer dimensionierte Veränderungen unzählige Beispiele liefert. Natürlich sind das keine „normalen“ Entwicklungen, sie erfordern vielmehr außergewöhnliche Umstände. Genau solche Umstände bahnen sich aber an, wie etwa die dramatische Verknappung der Edelmetallressourcen, die massive Expansion der Edelmetallnachfrage oder die eklatanten Verwerfungen des Weltfinanz- und -währungssystem. Wenn die breite Masse erst einmal zu bestimmten Einsichten gelangt und die Investitionsströme dann in diese Richtung gelenkt werden, kommt es zu jenen erratischen Exzessen, die in solchen Situationen dann immer wieder zu beobachten sind. Dies wird früher oder später auch auf den Edelmetallmärkten in einem Ausmaß der Fall sein, von dem sich wohl die wenigsten eine Vorstellung machen.

Es wird dann auch auf den Edelmetallmärkten vorübergehend zu irrationalen Übertreibungen kommen. Extrem hohe Preise müssen also nicht zwingend nachhaltig und von Dauer sein, denn sie haben primär die Funktion, Entwicklungen anzustoßen, die dramatisch veränderten Angebots- und Nachfragebedingungen gerecht werden: Angebotsseitig werden der Abbau niedergradigerer Vorkommen und der Einsatz neu entwickelter Wiedergewinnungsmethoden dadurch wirtschaftlicher und überirdische Bestände umgeschichtet, nachfrageseitig bestimmte Nachfragekomponenten zurückgehen oder substituiert und die Nachfrage sich auf solche mit besonders hohem Nutzwert kaprizieren. Die Preise pendeln sich dann unter starken Schwankungen auf neuen Niveaus ein, die wiederum die mehrheitlich erwarteten künftigen Entwicklungen reflektieren werden. Von dem aber zunächst einmal bevorstehenden Aufschwung kann jeder partizipieren, entsprechende Investitionsmöglichkeiten sind daher Gegenstand von "Investitionsmöglichkeiten Gold und Silber". 

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